Ich nutze Adobe Lightroom zur Bearbeitung meiner Fotos bereits seit vielen Jahren und bin damit ziemlich nativ im Umgang. Doch in vielerlei Hinsicht ist die Bedienung der Software – trotz Nutzung eines Wacom Zeichentablets – immer noch hakelig und umständlich, selbst wenn man viel mit Tastenkombinationen arbeitet.
Ein Grund weshalb ich immer mal nach Hardware-Tools Ausschau halte, die mir das (Lightroom)-Leben vereinfachen können. Es gibt da mittlerweile einige Werkzeuge am Markt, wie das tastaturähnliche Loupedeck oder das modular aufgebaute Palette Gear. Diese sind sicherlich nicht schlecht und haben durchaus ihre Daseinsberechtigung, was mir kleine Tests gezeigt haben, aber sie sind zum einen sehr platzfordernd, zum anderen haben sie einen recht hohen Anschaffungspreis.
Nun bin ich im letzten Jahr über das Kickstarter-Projekt „Tourbox“ gestoßen, welches mich aufhorchen ließ, denn es versprach eine kleine schicke Box von etwa 12x12cm Größe, die mit einigen Reglern und Buttons, die Arbeit mit Photoshop. Lightroom und Co vereinfachen soll. Das sah im Präsentationsvideo schonmal sehr gut aus und bei einem „Backer“-Preis von knapp 90 USD, war das auch noch eine relativ günstige Investition, die ich mit supported habe.
Jetzt ist die Tourbox mit etwas Verspätung endlich ausgeliefert worden und ich habe mein Exemplar seit ein paar Tagen hier stehen, um es ausgiebig zu testen.
Optisch macht die Tourbox schon seitens der Verpackung einiges her und auch nach dem Auspacken zeigt sich eine solide und hochwertig gefertigte Kunststoffbox mit zahlreichen Buttons und Drehreglern, die eine hervorragende Haptik aufweisen. Außerdem fällt auf, dass die Tourbox ein ordentliches Eigengewicht hat, damit fest auf dem Schreibtisch steht und nicht verrutscht, wenn man mit ihr hantiert. Dabei liegt die Box überraschend gut in der Hand und obwohl sie nicht ergonomisch geformt ist, erreicht man alle Regler ganz bequem mit den Fingern, während die Hand bequem auf der Box liegt. Die eher stumpfe Oberfläche des Gehäuses fördert diese schon sehr gute Haptik nochmals.
Die Tourbox wird mit einem USB-C Kabel, welches der Box beiliegt, an den Rechner angeschlossen. Dann lädt man sich die aktuellsten Treiber von der Website herunter und installiert diese. Hier gibt es die erste Überraschung: während so Steuergeräte wie das Contour Shuttle Pro oder ein Wacom Tablet automatisch unter Windows funktionieren, wenn man sie anstöpselt, so muss man bei der Tourbox erst die Software starten, damit die Tourbox initialisiert wird. Das dauert dann so 15 bis 20 Sekunden bis das Teil betriebsbereit ist.
Bis hierhin überzeugt die Tourbox also auf ganzer Linie und
vorab gesagt, sie kann auch weiterhin überzeugen, allerdings mit ein paar
kleinen Abstrichen.
Die erste Ernüchterung folgt tatsächlich nach der ersten Inbetriebnahme, denn
obwohl die Macher der Tourbox sogar in einem Video damit geworben haben, dass
die Tourbox auch für Lightroom gedacht ist, findet sich zunächst nur ein
Standard-Preset für die Steuerung von Photoshop in der Software. Ein Preset für
Lightroom oder eine andere Bildbearbeitungs-/Foto-Software (wie z.B. Affinity
Photo oder Capture One) sucht man vergebens.
Das ist zunächst schon sehr ärgerlich, denn das Photoshop-Preset ist für
Lightroom kaum zu gebrauchen, aber glücklicherweise heißt das nicht gleich, das
man die Tourbox zur Seite stellen kann, weil sie gar nicht zu gebrauchen ist. Vielmehr
muss man sich selber Abhilfe schaffen indem man sich kurzerhand ein eigenes
Preset mit seiner persönlichen Tastenbelegung selbst zusammenbaut (alternativ
schaut man in die Tourbox Community wo der ein oder andere User seine eigenen
Presets anbietet).
Da die Tourbox-App sehr übersichtlich gestaltet ist, hat man so ein Preset schnell selber hergestellt und damit die Tourbox seinen Bedürfnissen perfekt angepasst. Dabei sind die Möglichkeiten ziemlich umfangreich, denn man kann Buttons auch mit Doppelklicks belegen und miteinander kombinieren, um Befehle auszuführen. Was leider noch nicht funktioniert sind Tastenabfolgen, oft auch Makros genannt, wie beispielsweise „drücke Taste P und dann drücke Pfeil nach rechts“, aber da hoffe ich auf ein Update in naher Zukunft.
Darüber hinaus hat die Tourbox bei Auslieferung wohl noch einige Probleme mit internationalen Tastaturen (also alles was nicht englisches Layout ist, wozu auch unsere deutsche Tastatur gehört). Einige Tasten sind aufgrund ihrer anders gelegenen Anordnung bzw. Aktivierung momentan wohl nicht richtig ausführbar und können von der Tourbox demnach nicht angesprochen werden – ich persönlich habe allerdings momentan keine dieser Tasten in Gebrauch, also stört mich dieser Bug nicht wirklich. Davon abgesehen haben die Tourbox-Macher bereits angekündigt das sie an einem Bugfix arbeiten.
Kommen wir zur Praxis…
Innerhalb von Lightroom (ich habe die Tourbox bisher nur in LR getestet) funktioniert die Tourbox an sich hervorragend. Tastendrücke reagieren sofort und auch die Drehregler sind so präzise, das sich Lightroom hervorragend damit steuern lässt. Ein wenig gilt es hier auszuprobieren, was man persönlich auf welche Tasten legt und was Sinn macht oder nicht, aber dann erleichtert die Tourbox die Arbeit mit Lightroom wirklich ungemein. Das funktioniert dabei sowohl in Kombination mit der Maus als auch mit einem Zeichentablett ganz hervorragend. Schon nach kurzer Zeit habe ich mich an die kleine robuste Box gewöhnt und die Steuerung ging mir quasi ins Blut über. Zuvor hatte ich das oben bereits erwähnte „Contour Shuttle“ in Gebrauch, doch die Tourbox macht hier einiges besser, gerade dadurch das die Tasten anders und zugänglicher angeordnet sind, aber auch weil die verschiedenen Drehregler kleiner sind und dadurch eine bessere Haptik haben, man sie deswegen auch nicht so weit drehen muss.
Und jetzt kommt das aber…
Die Tourbox-Software ist, wie oben erwähnt noch längst nicht ausgereift und so fühlt sich Lightroom mitunter etwas „laggy“ an, will heißen, dass es oft irgendwie langsamer reagiert. Das merkt man nicht an den einzelnen Slidern, die man bedient – diese funktionieren sehr gut – sondern viel mehr in der Gesamtheit. Außerdem habe ich das Gefühl das Lightroom öfters mal hängt (also abstürzt bis das Windows-System die App wieder fängt) und es gibt mitunter auch Probleme im Filmstreifen, wenn man weiterblättert, die Vorschau aber auf dem letzten Bild hängen bleibt.
Das alles kommt nicht vor, wenn die Tourbox-Software ausgeschaltet ist, also kann das Problem eigentlich nur hier liegen.
Fazit:
Ich mag die Tourbox immer mehr und nach über einer Woche Nutzung ist sie mir schon ans Herz gewachsen, auch wenn die Software sicherlich noch das eine oder andere Update gebrauchen kann (und bekommen wird) und lange nicht optimal funktioniert. Das nervigste Problem ist, das Lightroom generell etwas zäher läuft, solange die Tourbox-App an ist
Mit der Tourbox kann man auf jeden Fall bequem und individualisiert Lightroom, Photoshop und Co steuern. Allerdings muss man für alles außer Photoshop, derzeit seine Presets sprich die Tastaturbelegung, selber zusammenbauen. Hier haben die Entwickler doch schon deutlich gepatzt, denn es war anders angekündigt. Aber da so ein Preset mit der Software schnell gebaut ist, kann man über dieses Manko hinwegsehen.
Die Tourbox ist robust und wertig gebaut, steht schwer und sicher auf dem Schreibtisch auch wenn man damit arbeitet. Auch den Preis ist okay, man bekommt sie momentan je nach Paket so ab ca 100 USD. Betrachtet man andere ähnliche Tools, so ist das recht günstig, dafür bekommt man aber auch nur eine kleine Box und nicht gleich ein ganzes Keyboard (Loupedeck) oder modulare Panels (Palette Gear)
Letzte Worte:
In der Facebook-Gruppe zur Tourbox beschweren sich einige Leute, dass die Box bei der Initialisierung hängt und dadurch nicht startet, aber dieses Problem habe ich bisher nicht gehabt.
Es gibt sogar schon einen Workaround für das internationale Tastatur-Problem